Das Obergericht beschäftigte sich im Urteil vom 25. August 2023 (SB230325-O) mit einem Fall betreffend den unrechtmässigen Bezug von der Sozialhilfe. Zur Parteistellung der Stadt Zürich im Strafverfahren führte es Folgendes aus:
3. Parteistellung der Stadt Zürich, Soziale Dienste
Die Stadt Zürich, Soziale Dienste, konstituierte sich mit der Strafanzeige vom 26. Januar 2018 als Privatklägerin im Strafverfahren (Urk. 1 S. 4). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Die Geschädigtenstellung des Staates verlangt, dass dieser durch die Straftat nicht nur in den öffentlichen Interessen beeinträchtigt, sondern in seinen persönlichen Rechten unmittelbar verletzt worden ist. Nicht als geschädigt im Sinne von Art. 115 StPO gelten in der Regel die Verwaltungsträger des Gemeinwesens, wenn sich die Straftat gegen Rechtsgüter richtet, für welche sie zuständig sind, wie dies etwa auf das Sozialamt bei Sozialhilfebetrug zutrifft. In solchen Fällen handelt der Staat hoheitlich, d.h. er nimmt bei der Verrichtung der öffentlichen Aufgabe ausschliesslich öffentliche und keine eigenen individuellen Interessen wahr, womit er von der Straftat auch nicht in seinen persönlichen Rechten unmittelbar betroffen und verletzt ist (Urteil des Bundesgerichtes 1B_158/2018 vom 11. Juli 2018 E. 2.5; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtes 6B_267/2020 vom 27. April 2021 E. 2.1.2). Die Stadt Zürich, Soziale Dienste, kann im vorliegenden Strafverfahren daher keine Geschädigtenstellung beanspruchen, weshalb sie nicht als Privatklägerin auftreten kann. Gemäss der seit 1. Januar 2023 geltenden Fassung des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich haben die Sozialhilfeorgane in Strafverfahren wegen Verletzung von Art. 148a StGB jedoch volle Parteirechte im Sinne von Art. 104 Abs. 2 StPO (§ 48c SHG). Die Stadt Zürich, Soziale Dienste, gilt daher als Verfahrensbeteiligte.
Gesetzesstellen im Wortlaut:
Art. 104 StPO
(…)
2 Bund und Kantone können weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen.
§ 48c SHG
Die Sozialhilfeorgane haben in Strafverfahren wegen Verletzung von § 48 b, Art. 146 oder 148 a StGB6 volle Parteirechte im Sinne von Art. 104 Abs. 2 StPO.
Dass sich Sozialhilfebehörden im Strafverfahren nicht als Privatklägerin konstituieren können, erläuterte das Bundesgericht bereits im Urteil vom 11. Juli 2018 (1B_158/2018) eingehend:
2.1. Partei ist unter anderem die Privatklägerschaft (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin oder -kläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Strafkläger ist, wer die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person verlangt (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), Zivilkläger, wer adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend macht, die aus der Straftat abgeleitet werden (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO). Öffentlich-rechtliche Ansprüche zählen nicht zu den Zivilansprüchen.
2.2. Die Vorinstanz hat erwogen, der kommunalen Fürsorgebehörde obliege unter anderem die Gewährung der wirtschaftlichen Hilfe und die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen (§ 8 lit. c und d und § 26 des kantonalen Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983 [SHG/SZ; SRSZ 380.110]). Wer wirtschaftliche Hilfe in Anspruch nehme, sei zur Rückerstattung verpflichtet, wenn er durch unwahre Angaben Leistungen erwirkt habe (§ 25 Abs. 1 SHG/SZ). Ansprüche auf solche Rückerstattungen seien öffentlich-rechtlicher Natur und könnten daher nicht adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemacht werden. Folglich könne die Beschwerdeführerin nicht Zivilklägerin sein.
Diese Ausführungen sind zutreffend und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Diese verlangt einzig die Zulassung als Strafklägerin im Sinne von Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO.
2.3. Der geschädigten Person steht es frei, sich am Strafverfahren lediglich als Strafklägerin (Privatklägerin im Strafpunkt) zu beteiligen (BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). Als solche kann sie nach der Rechtsprechung auf kantonaler Ebene Rechtsmittel ergreifen. Die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren (nach Art. 382 Abs. 1 StPO) hängt − anders als die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen in der Sache an das Bundesgericht (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen) − nicht davon ab, ob die geschädigte Person Zivilforderungen hat. Diese ist als Strafklägerin zur Berufung gegen einen Freispruch namentlich auch befugt, wenn sie im Strafverfahren keine Zivilforderung angemeldet hat oder wenn sie von vornherein keine Zivilforderung hat, sondern nur öffentlich-rechtliche Ansprüche, die nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden können. Zivilforderungen sind mit anderen Worten keine notwendige Voraussetzung für die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren bzw. für die Bejahung der strafrechtlichen Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO und die Beteiligung am Strafverfahren als Strafklägerin (vgl. zum Ganzen BGE 143 IV 380 E. 2.3.1 S. 383 f.).
2.4. Privatklägerschaft setzt (auch bei Beteiligung lediglich als Strafklägerin) Geschädigteneigenschaft gemäss Art. 115 Abs. 1 StPO voraus (vgl. Art. 118 Abs. 1 StPO; Mazzuchelli/Postizzi, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 118 StPO). Geschädigte Person ist, wer durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Nach der Rechtsprechung geht die Umschreibung der unmittelbaren Verletzung in eigenen Rechten vom Begriff des Rechtsguts aus. Unmittelbar verletzt und damit Geschädigter im Sinne von Art. 115 StPO ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist (BGE 143 IV 77 E. 2.1 S. 78 mit Hinweisen). Bei Straftaten gegen kollektive Interessen reicht es für die Annahme der Geschädigtenstellung im Allgemeinen aus, dass das von der geschädigten Person angerufene Individualrechtsgut durch den Straftatbestand auch nur nachrangig oder als Nebenzweck geschützt wird (Mazzucchelli/ Postizzi, a.a.O., N. 21 zu Art. 115 StPO). Werden durch Delikte, die (nur) öffentliche Interessen verletzen, private Interessen auch, aber bloss mittelbar beeinträchtigt, so ist der Betroffene nicht Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457 mit Hinweisen).
2.5. Die Geschädigtenstellung des Staates verlangt nach der Lehre, dass dieser durch die Straftat nicht nur in den öffentlichen Interessen beeinträchtigt, sondern in seinen persönlichen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Viktor Lieber, in: Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 2a zu Art. 115 StPO), respektive dass er durch die Straftat in seinen Rechten wie ein Privater verletzt worden ist (Mazzuchelli/Postizzi, a.a.O., N. 39 zu Art. 115 StPO). Nicht als geschädigt im Sinne von Art. 115 StPO gelten in der Regel die Verwaltungsträger des Gemeinwesens, wenn sich die Straftat gegen Rechtsgüter richtet, für welche sie zuständig sind, wie dies etwa auf das kantonale Sozialamt bei Sozialhilfebetrug zutrifft (Mazzuchelli/Postizzi, a.a.O., N. 40 zu Art. 115 StPO). In solchen Fällen handelt der Staat hoheitlich, d.h. er nimmt bei der Verrichtung der öffentlichen Aufgabe ausschliesslich öffentliche und keine eigenen individuellen Interessen wahr, womit er von der Straftat auch nicht in seinen persönlichen Rechten unmittelbar betroffen und verletzt ist. Der Verwaltungsträger kann, soweit er hoheitlich wirkt, nicht gleichzeitig Träger des Rechtsguts sein, für dessen Schutz, Kontrolle und Verwaltung gerade er, kraft seiner ihm auferlegten öffentlichen Aufgaben, einstehen muss und entsprechend selber dafür verantwortlich ist (eingehend zum Ganzen: Simone Brandenberger, Der Staat als Verletzter im Strafprozess − eine Rollenverteilung, in: forumpoenale 4/2016, S. 226 f.; vgl. auch für das deutsche Recht: Kirsten Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 5, 26. Aufl. 2008, N. 60 zu § 172 StPO/D).
Diese Ausführungen in der Lehre überzeugen. Die Vorinstanz hat die Geschädigtenstellung der Beschwerdeführerin im Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner wegen Sozialhilfebetrugs damit zu Recht verneint.
2.6. Die öffentlichen Interessen an der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung der beschuldigten Person werden im Strafverfahren durch die Staatsanwaltschaft wahrgenommen. Weitere Verwaltungseinheiten wie die Beschwerdeführerin sind nur ausnahmsweise bei entsprechender gesetzlicher Grundlage zuzulassen. So können gemäss Art. 104 Abs. 2 StPO Bund und Kantone zusätzlich zur Staatsanwaltschaft weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen. Dies erfordert eine klare gesetzliche Grundlage und hat mit der Frage der Geschädigteneigenschaft nichts zu tun. Die Behörde tritt als Partei sui generis, nicht aber als Privatklägerin im Strafprozess auf (vgl. Mazzuchelli/Postizzi, a.a.O., N. 41 zu Art. 115 StPO).
Vorliegend ist unbestritten, dass weder Bund noch Kanton der Beschwerdeführerin eine spezielle Parteistellung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 StPO einräumen.
In Bezug auf den unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung gilt im Übrigen Folgendes:
Art. 79 ATSG
(…)
3 Der Versicherungsträger kann in Strafverfahren wegen Verletzung von Artikel 148a des Strafgesetzbuches und Artikel 87 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung die Rechte einer Privatklägerschaft wahrnehmen.