Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich erliess ein Kreisschreiben an die Bezirksgerichte und die Betreibungsämter: Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (vom 16. September 2009).
Diese Richtlinien sind nicht nur im Betreibungsrecht von Bedeutung, sondern ganz allgemein für zivilrechtliche Verfahren. Mit der Bestimmung des Existenzminimums wird zum Beispiel geklärt, ob ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht. Bedeutend sind die Richtlinien aber vor allem bei der Unterhaltsberechnung (Mankoaufteilung, Betreuungsunterhalt).
Die Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums sind seit 14 Jahren unverändert. Die Teuerung schwankte in den Jahren nach dem Erlass. Im April 2021 war die Teuerung gleich hoch wie im September 2009, jedoch steigt sie seither stark an. Im August 2023 beträgt der Zuwachs gemäss Teuerungsrechner 5,6 %:
Die Inflation wird mit einem Warenkorb bestimmt:
Das Problem ist vor allem die Gewichtung des Warenkorbes. Einzelne Position sind für den Normalbürger zu wenig stark gewichtet, namentlich Wohnen und Energie, Nahrungsmittel sowie Gesundheitspflege, weshalb die Leute die Inflation tatsächlich stärker empfinden und belastet. Die gefühlte Inflation ist effektiv höher als die berechnete Inflation. Und die gefühlte Inflation wird in nächster Zeit sicher noch steigen.
Die Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums bilden die heutigen Lebensverhältnisse nicht mehr adäquat ab, weshalb sie dringend einer Überprüfung bedürfen. Insbesondere sind die Grundbeträge zu erhöhen.
Beispiel: Der Grundbetrag für eine alleinerziehende Mutter ohne Haushaltsgemeinschaft mit einer erwachsenen Person beträgt CHF 1‘350.−. Gemäss Teuerungsrechner würde der Betrag teuerungsbereinigt aktuell CHF 1‘425.− betragen. CHF 75.− pro Monat bzw. CHF 900.− pro Jahr sind für Haushalte mit knappen finanziellen Mitteln viel Geld. Und gefühlt ist der Unterschied noch höher.