Im Urteil des Bundesgerichts vom 2. März 2023 (5A_162/2023) stossen wir auf einen altbekannten Fall (BGE 146 III 313):
Die Parteien haben sechs Kinder. Drei sind bereits volljährig. Die jüngeren haben Jahrgänge 2008, 2013 und 2015 und stehen unter der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die Eltern trennten sich im August 2016. Im Rahmen des Ehe- und sodann des Scheidungsverfahrens war über die Frage der Impfung der Kinder nach den Richtlinien des BAG zu befinden, was schliesslich zu BGE 146 III 313 führte. In dessen Umsetzung stellte das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 20. Oktober 2020 fest, dass bei keinem der drei minderjährigen Kinder eine Kontraindikation zur Masernimpfung vorliegt, und verpflichtete die Mutter zur Impfung der Kinder.
Gestützt auf eine Gefährdungsmeldung der Kreisschule betreffend die beiden jüngsten Kinder leitete die KESB Gelterkinden-Sissach ein Kindesschutzverfahren ein. Mit Entscheid vom 19. August 2022 wies sie die Mutter gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB an, den Entscheid des Kantonsgerichts vom 20. Oktober 2022 in Bezug auf die Masernimpfung innert drei Monaten umzusetzen; im Übrigen verzichtete sie einstweilen auf weitere Kindesschutzmassnahmen. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 11. Januar 2023 ab, soweit es darauf eintrat. Mit Beschwerde vom 27. Februar 2023 wendet sich die Mutter an das Bundesgericht mit dem Begehren um Aufhebung der kantonalen Entscheide.
Das Verhalten der Beschwerdeführerin war bislang offensichtlich querulatorisch. Die Begründung der Beschwerde war, was nicht weiter überrascht, absolut unzureichend. Ein Argument der Beschwerdeführerin ist allerdings doch sehr seltsam:
Schliesslich kritisiert die Beschwerdeführerin, im Kanton Basel-Landschaft würden Entscheiddispositive immer mit ://: eingeleitet; indem dies fehle, gebe es keinen Entscheid, den sie gegen sich gelten lassen müsse. Dazu ist Folgendes zu bemerken: Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft kennen das Kuriosum, dass die Gerichte ihre Urteilsdispositive mit ://: einleiten. Der angefochtene Entscheid enthält diese Formel. Allenfalls bezieht sich die Beschwerdeführerin bei ihren Ausführungen jedoch auf den KESB-Entscheid, welcher diese Formel nicht enthält.
Juristerei ist ein schöner Beruf, da man immer wieder etwas Neues lernen kann. Von ://: habe ich noch nie etwas gehört. Die Argumention der Beschwerdeführerin war im Übrigen schon deshalb völlig abwegig, da das Urteil des Kantonsgerichts und nicht der Entscheid der KESB Anfechtungsobjekt war.
Infolge des Urteils des Bundesgerichts von 2020 musste das Kantonsgericht Basel-Landschaft nochmals über die Impfung entscheiden. Mit Entscheid vom 20. Oktober 2020 (400 20 163) stellte es keine Kontraindikation fest und ordnete die Impfung der Kinder an:
Durch das Urteil wird die Kindesmutter verpflichtet, die Impfung durchzuführen, was diese in der Folge allerdings unterliess. Da die Kindesmutter der Verpflichtung nicht nachkommt, muss das Urteil in einem weiteren Verfahren durchgesetzt werden. Es muss ein Vollstreckungstitel erstritten werden. Bei Geldforderungen erfolgt dies im Betreibungsverfahren. Für andere Ansprüche gibt es ein separates Vollstreckungsverfahren (Art. 335 ff. ZPO). In Bezug auf Kinderbelange ist dies aber wenig üblich. Der Kindesvater bemühte sich in der Folge offenbar nicht um die Vollstreckung des Urteils.
Es kam erst wieder Bewegung in die Sache, als aufgrund einer Gefährdungsmeldung der Schule die KESB aktiv wurde. Kindesschutzmassnahmen sind eine weitere und üblichere Möglichkeit, um ein Urteil durchzusetzen. Die KESB erliess eine Weisung nach Art. 307 Abs. 3 ZGB und verpflichtete die Kindesmutter unter der Strafandrohung vom Art. 292 StGB, die Kinder innert drei Monaten ab Entscheiddatum impfen zu lassen.
Dazu ist zu bemerken, dass die Frist in diesem Fall viel zu grosszügig angesetzt worden ist. Angemessen wäre eine Frist von höchstens einem Monat ab Rechtskraft, faktisch etwa zwei Monate ab Entscheiddatum. Gänzlich unverständlich ist, dass das Kantonsgericht wieder eine Frist von drei Monaten (ab Rechtskraft) angesetzt hat. Hier wären höchstens noch 14 Tage angemessen gewesen.
Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 11. Januar 2023 (810 22 193):
Da in Anbetracht der Vorgeschichte absehbar gewesen wäre, dass die Kindesmutter dieser Weisung nicht nachleben wird, wäre es wohl angezeigt gewesen, ihr die elterliche Sorge teilweise zu entziehen (Art. 311 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZGB), nämlich in Bezug auf die Impfung, und eine Beistandsperson damit zu beauftragen. Ein partieller Entzug der elterlichen Sorge wäre ohne weiteres als verhältnismässig zu qualifizieren gewesen.