Das Bundesgericht erledigte mit Verfügung vom 1. März 2023 (5A_11/2023) folgende Beschwerde:
A. Mit Eheschutzentscheid vom 25. Oktober 2018 regelte das Regionalgericht Albula die Folgen des Getrenntlebens des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau.
B. Hiergegen erhoben beide Eheleute beim Kantonsgericht Graubünden Berufung. (…)
C. Am 5. Januar 2023 reichte der Ehemann beim Bundesgericht eine Rechtsverzögerungsbeschwerde ein mit dem Begehren um Aufforderung des Kantonsgerichtes, umgehend bzw. eventualiter innert zwei Monaten seinen Entscheid zu fällen. (…)
Das Bundesgericht hätte die Beschwerde gutgeheissen, wenn nicht während des laufenden Beschwerdeverfahrens das Kantonsgericht doch noch den Berufungsentscheid gefällt hätte:
2. Was eine angemessene Verfahrensdauer ist, lässt sich nicht abstrakt sagen; die Angemessenheit beurteilt sich nach der Art des Verfahrens und den konkreten Umständen der Angelegenheit, namentlich den Regelungsgegenstand, dem Umfang und der Komplexität der zu entscheidenden Fragen, der Bedeutung des Verfahrens für die Beteiligten etc. (BGE 135 I 265 E. 4.4; 144 I 318 E. 7.1).
Das Kantonsgericht hielt in seiner Vernehmlassung fest, bereits am 9. Juli 2019 sei eine Noveneingabe erfolgt und entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers seien auch nach Ende April 2021 noch Noveneingaben erfolgt. Der ursprünglich zuständige Kantonsrichter sei per Ende 2020 aus dem Kantonsgericht ausgeschieden und die Verfahrensleitung auf einen anderen übertragen worden. Wie dem Bundesgericht aus anderen Verfahren bekannt sei, kämpfe das Kantonsgericht als Folge einer jahrelangen personellen Unterdotierung, die sich wegen der krankheitsbedingten 20-monatigen Absenz eines Richters in den Jahren 2019/2020 noch verschärft habe, seit längerem mit einer hohen Anzahl von Pendenzen, was in zahlreichen Fällen zu einer (zu) langen Verfahrensdauer geführt habe. Leider habe deshalb auch die Bearbeitung der beiden vorliegenden Berufungsverfahren bis Ende 2021 nicht an die Hand genommen werden können, zumal eine Vielzahl von anderen Fällen mit Kinderbelangen vordringlich zu erledigen gewesen seien. Im Jahr 2021 habe der Kanton Graubünden zusätzliche Stellen im Aktuariat geschaffen und mit Wirkung ab Januar 2022 zusätzliche Stellenprozente zur Einsetzung ausserordentlicher Richter bewilligt. Am 1. Januar 2022 habe so eine ausserordentliche Richterin den Vorsitz in den Berufungsverfahren übernehmen können. Am 28. März 2022 und am 28. April 2022 habe der Ehemann weitere Noveneingaben eingereicht, wobei diesbezüglich der Schriftenwechsel bis am 9. Juni 2022 gedauert habe. Am 12. Juli 2022 habe die Ehefrau die einverlangte Verfügung betreffend ihre AHV-Rente eingereicht, wozu der Ehemann am 27. Juli 2022 Stellung genommen habe. Diese sei der Gegenpartei am 8. August 2022 zugestellt worden mit dem Hinweis, dass der Schriftenwechsel damit unter Vorbehalt einer unverzüglichen Wahrnehmung des Replikrechts abgeschlossen sei.
Wie das Kantonsgericht in seiner Vernehmlassung selbst festhält, mussten die Verfahren nach Abschluss des Schriftenwechsels Mitte 2019 angesichts der personellen Unterdotierung des Gerichtes und vor dem Hintergrund, dass andere Verfahren dringlicher waren, mehrere Jahre faktisch ruhen, auch wenn verschiedene Noveneingaben erfolgten. Erst mit der Bewilligung zusätzlicher Stellen am Kantonsgericht konnte es im Jahr 2022 tatsächlich an die Hand genommen werden.
An der notorischen personellen Problematik trifft die im vorliegenden Fall nunmehr befassten Mitglieder und Mitarbeiter des Kantonsgerichts keine Schuld. Ebenso ist klar, dass andere Fälle (namentlich Platzierungen und weitere Kindesbelange) dringender gewesen sein dürften als das vorliegende Eheschutzverfahren, bei welchem es um finanzielle Belange zwischen Ehegatten ging, so dass zweifellos auch richtige Prioritäten im Rahmen der vorhandenen Ressourcen gesetzt wurden. Indes sind die Kantone zur Gewährung einer ordnungsgemässen Rechtspflege verpflichtet; sie haben daher für ausreichend Personal zu sorgen und es kann für sie nicht ohne finanzielle Folgen bleiben, wenn sie sich dieser Verpflichtungen entziehen und für ihre Versäumnisse haftbar gemacht werden (BGE 107 III 3 E. 3; 119 III 1 E. 3; 121 III 142 E. 1b; 130 I 312 E. 5.2; Urteile 1B_122/2020 vom 20. März 2020 E. 3.1; 5A_92/2022 vom 23. Mai 2022 E. 2). Dass das Kantonsgericht Graubünden vor dem Hintergrund der personellen Situation jahrelang keine ordnungsgemässe Rechtspflege garantieren konnte, ist aus der Presseberichterstattung und den zahlreichen anderen Rechtsverzögerungsbeschwerden bekannt. Die Rechtsverzögerung ist vorliegend augenfällig, auch wenn die Unterhaltsfestsetzung angesichts der zur Anwendung gebrachten einstufigen Methode, die konkrete Nachweise des gelebten Standards erfordert, kompliziert gewesen sein mag und in einen rund 100-seitigen Berufungsentscheid mündete; dies ändert nichts an der Tatsache, dass das Verfahren während mehrerer Jahre faktisch nicht bearbeitet werden konnte. Die Rechtsverzögerungsbeschwerde wäre deshalb begründet gewesen und der Kanton Graubünden hat für die entstandenen Kosten einzustehen.
Das Bundesgericht stellte dem Kanton Graubünden kein gutes Zeugnis aus. Für mich als Zürcher ist es erstaunlich, dass es in der Schweiz überhaupt solch eine schlechte Gerichtsorganisation gibt. Man kann nicht einfach Fälle schubladisieren, weil zu wenig Personalressourcen vorhanden sind. Rechtlich spricht man von formeller Rechtsverweigerung. Diese Kritik am Kanton Graubünden bedeutet nicht, dass manche Verfahren im Kanton Zürich auch sehr lange dauern können. Das hat aber meist mit dem Prozessrecht und den Parteien zu tun und weniger mit überlasteten Gerichten.
Die Politik muss dafür besorgt sein, dass Gerichte mit genügend Personal ausgestattet sind, damit Verfahren innert nützlicher Frist abgeschlossen werden können. Kurzfristig, wie vorliegend bei Ausfall eines Richters oder bei einer erhöhten Belastung, müssten Ersatzrichter benannt werden. Auch kann die Zahl der Gerichtsschreiber erhöht werden. Mittel- bis langfristig müssen allerdings mehr ordentliche Richterstellen geschaffen werden. Infolge des Versäumnisses der Politik wurde vorliegend der Kanton Graubünden verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen.
Es ist daran zu erinnern, dass gemäss Art. 29 Abs. 1 BV jede Person einen verfassungsmässigen Anspruch darauf hat, dass in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen die Beurteilung innert angemessener Frist erfolgt. Allerdings ist dieser Grundsatz so allgemein, dass Aussagen in Bezug auf einen konkreten Einzelfall schwierig sind. Der obige Fall ist dagegen allerdings eindeutig.
In einer Verfügung vom 23. Mai 2022 (5A_92/2022), wieder das Kantonsgericht Graubünden betreffend, führte das Bundesgericht in Bezug auf den Entzug des Aufenthaltsrechts Folgendes aus:
2. (…)
Insgesamt war fast ein Jahr nach Abschluss des Schriftenwechsels das Einreichen einer Rechtsverzögerungsbeschwerde gerechtfertigt, nachdem die Beschwerdeführerin vorher das Kantonsgericht erfolglos abgemahnt hatte, zumal davon ausgegangen werden muss, dass es ohne diese Vorkehrung noch deutlich länger bis zum Erlass des Beschwerdeentscheides gegangen wäre. Die Rechtsverzögerungsbeschwerde wäre deshalb begründet gewesen und der Kanton Graubünden hat für die entstandenen Kosten einzustehen.