Prozesskosten in Zivilverfahren

Grundsatz: Kostenpflichtigkeit

Zivilverfahren sind grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 95 ff. ZPO). Die Prozesskosten umfassen Gerichtskosten und Parteientschädigungen.

Art. 95 ZPO
Begriffe

1 Prozesskosten sind:
a. die Gerichtskosten;
b. die Parteientschädigung.

2 Gerichtskosten sind:
a. die Pauschalen für das Schlichtungsverfahren;
b. die Pauschalen für den Entscheid (Entscheidgebühr);
c. die Kosten der Beweisführung;
d. die Kosten für die Übersetzung;
e. die Kosten für die Vertretung des Kindes (Art. 299 und 300).

3 Als Parteientschädigung gilt:
a. der Ersatz notwendiger Auslagen;
b. die Kosten einer berufsmässigen Vertretung;
c. in begründeten Fällen: eine angemessene Umtriebsentschädigung, wenn eine Partei nicht berufsmässig vertreten ist.

Die konkrete Höhe der Prozesskosten setzen die Kantone fest (Art. 96 ZPO). Im Kanton Zürich werden Gerichtskosten nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG) bestimmt. Die Parteientschädigungen werden pauschalisiert nach dem jeweiligen kantonalen Tarif zugesprochen (Art. 105 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Parteien können allerdings eine Kostennote einreichen (Art. 105 Abs. 2 Satz 2), die bei der Festsetzung der Parteientschädigung zur berücksichtigen ist. Im Kanton Zürich ist die Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV) massgeblich.

Die Zürcher Bezirksgerichte bieten als pdf-Formular Gebührenrechner ( vermögensrechtliche Streitigkeit nicht vermögensrechtliche Streitigkeit) an.

Weil Zivilprozesse grundsätzlich nicht gratis sind, stellt sich vor der Klageeinleitung immer auch die Frage des Kostenrisikos. Wie sind die Prozesschancen einer Klage einzuschätzen? Stehen die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zu einem allfälligen Prozessgewinn? Gerade bei kleinen Streitwerten lohnt sich eine Klage häufig nicht, da die Prozesskosten den Streitwert übersteigen. Oder anders gesagt: Selbst wenn der Kläger gewinnt, kann er die Prozesskosten nicht vollumfänglich auf den Beklagten abwälzen.

Ausnahme: Kostenlosigkeit

Es gibt gewisse Verfahren, bei denen gesetzlich vorgesehen ist, dass diese kostenlos sind (Art. 113 Abs. 2 und Art. 114 ZPO). Kostenlos sind namentlich die Schlichtungsverfahren bei Mietstreitigkeiten (keine Streitwertbegrenzung) sowie bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.–. Das Entscheidverfahren (Bezirksgericht und Obergericht) in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ist wiederum kostenlos bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.–, währenddessen das mietrechtliche Entscheidverfahren ganz normal kostenpflichtig ist. Die Kantone haben ferner die Möglichkeit, weitere Befreiungen von den Prozesskosten vorzusehen (Art. 116 Abs. 1 ZPO. Davon macht der Kanton Zürich jedoch nur in Spezialfällen Gebrauch (§ 200 GOG).

Auch bei kostenlosen Verfahren können einer Partei Gerichtskosten auferlegt werden, nämlich bei bös- oder mutwilliger Prozessführung (Art. 115 ZPO). In solchen Fällen kann im Übrigen wegen Aussichtslosigkeit keine unentgeltliche Prozessführung gewährt werden.

Die Kostenlosigkeit betrifft nur die Gerichtskosten. Die unterlegene Partei kann deshalb zur Zahlung einer Parteientschädigung verpflichtet werden. Keine Parteientschädigungen werden jedoch in Schlichtungsverfahren zugesprochen (Art. 113 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Finanzierung des Prozesses

Grundsätzlich hat die klagende Partei den Prozess selbst zu finanzieren. Der Anwalt ist gehalten, für die Anwaltskosten von seinen Mandanten Vorschuss- bzw. Akontozahlungen zu verlangen. Darauf kann er verzichten, wenn der klagenden Partei offensichtlich die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt werden kann.

Wenn die klagende Partei rechtsschutzversichert ist und die Versicherung eine Kostengutsprache bewilligt, ist die Finanzierung des Prozesses sichergestellt. Da die Rechtsschutzversicherung für die Kosten aufkommt, kann auch bei Fällen mit grösserem Prozessrisiko eine Klage angestrengt werden. In Anbetracht der Kostenproblematik in Zivilverfahren ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sehr empfehlenswert. Dabei ist aber zu beachten, dass Rechtsschutzversicherungen nicht alle zivilrechtlichen Streitigkeiten versichern. Namentlich sind regelmässig familienrechtliche Verfahren ausgeschlossen.

Ausserdem ist in der Regel zu prüfen, ob der klagenden Partei die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt werden kann. In diesem Fällen werden die Gerichts- und Anwaltskosten vorläufig vom Gericht übernommen (Art. 118 Abs. 1 Bst. b und c ZPO), nicht dagegen eine allfällige Parteientschädigung (Art. 118 Abs. 3 ZPO). Die unentgeltliche Rechtspflege ist jedoch subsidiär. Namentlich in eherechtlichen Verfahren kann wegen der ehelichen Beistandspflicht der vermögende Ehegatte verpflichtet werden, dem bedürftigen Ehegatten die Prozesskosten vorzuschiessen (Prozesskostenbeitrag bzw. Prozesskostenvorschuss).

Kostenvorschuss und Sicherheitsleistung für Parteientschädigung

Gemäss Art. 98 ZPO kann das Gericht bei kostenpflichtigen Verfahren von der klagenden Partei einen Kostenvorschuss in der mutmasslichen Höhe der Gerichtskosten verlangen. Dabei handelt es sich zwar um eine Kann-Vorschrift, jedoch sind heute Kostenvorschüsse sehr verbreitet. Ein paar Gerichte im Kanton Zürich (Dielsdorf, Winterthur) verzichten dagegen bei Eheschutz- und Scheidungsverfahren bei der Klageeinleitung grundsätzlich auf die Erhebung von Kostenvorschüssen.

Zudem kann die klagende Partei im Sinne von Art. 99 ZPO verpflichtet werden, für eine allfällige Parteientschädigung der beklagten Partei Sicherheit zu leisten, wenn dies die beklagte Partei beantragt und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Wird der Kostenvorschuss oder die Sicherheit für die Parteientschädigung auch innerhalb einer Nachfrist nicht geleistet, wird auf die Klage nicht eingetreten (Art. 101 Abs. 3 ZPO).

Da der Zugang zur Justiz nicht unnötig erschwert werden darf, sollten Kostenvorschüsse und Sicherheitsleistungen jedoch mit einer gewissen Zurückhaltung verlangt werden. Namentlich in familienrechtlichen Verfahren wäre es wünschenswert, bei Klageerhebung auf die Erhebung von Kostenvorschüssen gänzlich zu verzichten. Die klagende Partei hat immerhin die Möglichkeit, ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu stellen. Wenn das Gesuch bewilligt wird, wird sie von der Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses bzw. einer Sicherheitsleistung befreit (Art. 118 Abs. 1 Bst. a ZPO).

Tatsächlich sieht die Gerichtspraxis heute so aus, dass die Kosten ein beliebter Ansatzpunkt sind, um unliebsame Prozesse abzuwürgen.

Beispiel: Ich beschäftigte mich mit einem Fall, in dem der Kläger vom Beklagten 6,04 Mio. Franken forderte. Der Kläger stellte ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Als Anwalt intervenierte ich umgehend und beantrage, dass dem Kläger die unentgeltliche Rechtspflege verweigert werde und er für die Parteientschädigung Sicherheit leisten müsse. Das Bezirksgericht wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit ab und verfügte, dass der Kläger innerhalb von 10 Tagen einen Kostenvorschuss von CHF 81‘100.– sowie für die Parteientschädigung eine Sicherheit von CHF 82‘800.– zu leisten habe. Nachdem das Obergericht die diesbezügliche Beschwerde abgewiesen hatte, setzte das Bezirksgericht dem Kläger eine Nachfrist von 10 Tagen zur Zahlung an. Nachdem das Bezirksgericht keinen Zahlungseingang während er Nachfrist festgestellt hatte, trat es auf die Klage nicht ein (Art. 101 Abs. 3 ZPO). Das Bezirksgericht war schliesslich nett mit dem Kläger und setze die Gerichtsgebühr unter Berücksichtigung des geringen Zeitaufwandes mit nur CHF 5‘000.– fest. Zudem verpflichtete es den Kläger, dem Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 5‘400.– zu bezahlen.

Kostenverteilung

Die Gerichtskosten trägt die unterliegende Partei (Art. 106 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei Nichteintreten und bei Klagerückzug gilt die klagende Partei, bei Anerkennung der Klage die beklagte Partei als unterliegend (Art. 106 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Unnötige Prozesskosten hat jedoch zu bezahlen, wer diese verursacht hat (Art. 108 ZPO). Bei keinem vollständigen Obsiegen werden die Kosten verhältnismässig zwischen den Parteien verteilt (Art. 106 Abs. 2 ZPO).

Regelmässig werden Zivilverfahren jedoch durch Vergleich erledigt. Die üblichen Vergleichsmodalitäten sind, dass die Gerichtskosten hälftig geteilt werden und gegenseitig auf eine Parteientschädigung verzichtet wird (vgl. Art. 109 ZPO).

Das Gericht kann in bestimmten Fällen von den allgemeinen Verteilgrundsätzen abweichen und die Gerichtskosten nach Ermessen verteilen (Art. 107 ZPO), namentlich in familienrechtlichen Verfahren oder wenn das Verfahren gegenstandslos geworden ist.

In Berufungsverfahren in Bezug auf Kinderbelange gibt es eine obergerichtliche Praxis, nach der die Gerichtskosten unabhängig vom Prozessausgang den Parteien hälftig auferlegt werden und keine Parteientschädigung zugesprochen wird. Diese Praxis wird häufig auch in erstinstanzlichen Verfahren beachtet.

Wenn die klagende Partei einen Kostenvorschuss hat leisten müssen, zieht das Gericht diesen auch dann ein, wenn die beklagte Partei verpflichtet wurde, die Gerichtskosten zu bezahlen (Art. 111 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sogar ein Fehlbetrag kann von der klagenden Partei noch nachgefordert werden (Art. 111 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die klagende Partei hat dafür einen Anspruch in gleicher Höhe gegenüber der beklagten Partei (Art. 112 Abs. 2 ZPO). Das ist eine der fragwürdigsten Bestimmungen der neuen Zivilprozessordnung. Das Prozessrisiko wird vollständig auf die klagende Partei überwälzt. Ob sie den Kostenvorschuss von der beklagten Partei wieder erhältlich machen kann, ist häufig sehr fraglich. Dann heisst es: Ausser Spesen nichts gewesen.

Stundung, Erlass und Verjährung von Gerichtskosten

Gerichtskosten können gestundet oder bei dauernder Mittellosigkeit erlassen werden (Art. 112 Abs. 1 ZPO). Erlasse sind in der Praxis eher selten. Viel häufiger werden mit der Zentralen Inkassostelle der Gerichte Abzahlungsvereinbarungen getroffen. Der Verzugszins bei verspäteter Zahlung beträgt 5 % (Art. 112 Abs. 3 ZPO). Gerichtskosten verjähren 10 Jahre nach Abschluss des Verfahrens (Art. 112 Abs. 2 ZPO).